Kind mit einer Messbrille zur Bestimmung der Fehlsichtigkeit

Fehlsichtigkeiten

Können mit Brille oder Kontaktlinsen korrigiert werden

Bei einer Fehlsichtigkeit liegt ein physikalisches Missverhältnis zwischen der Länge des Auges und der Brechkraft der Linse vor. 

Unser Auge ist in seinem Aufbau mit einer Kamera zu vergleichen: Über die Blende (=Iris) gelangt das Licht über die Linse und den Glaskörper bis zum „Film“ (=Netzhaut). Das Licht fällt dabei durch die Linse, die für die Blickdistanz scharfstellt (zoomt). Wenn die Brechkraft des optischen Systems und die Augenlänge exakt aufeinander abgestimmt sind, sehen wir scharfe Bilder. Ist die Brechung des Lichtes zu schwach oder zu stark, oder ist die Augenlänge zu lang oder zu kurz, sprechen wir von Fehlsichtigkeiten wie Weit- oder Kurzsichtigkeit.

Reine Fehlsichtigkeiten können durch optischen Ausgleich mittels individuell angepassten Brillen oder Kontaktlinsen ausgeglichen werden. 

Nicht korrigierte Fehlsichtigkeiten können zu erheblichen Einschränkungen in der Lebensqualität führen.


Welche Fehlsichtigkeiten gibt es?

Bei einer Kurzsichtigkeit (Myopie) ist das Auges „zu lang“ (1 mm entsprechen -3,0 Dioptrien). Das scharfe Abbild der Umwelt befindet sich vor der Netzhaut. Kurzsichtige sehen in der Ferne unscharf. Der Begriff beschreibt, die verbleibende gute Sehkraft: Kurzsichtige sehen ohne Sehhilfe nur in der Nähe scharf. 

Bei einer Weitsichtigkeit (Hyperopie) ist das Auge „zu kurz“. Das scharfe Bild würde erst hinter der Netzhaut entstehen. Bei Weitsichtigkeit sieht man in der Nähe unscharf. Kinder können Weitsichtigkeiten in gewissem Ausmaß ausgleichen. Dies gelingt aber nicht immer beschwerdefrei (Schielen, Asthenopie). 

Bei einer Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) kommt es zu einer Verzerrung des Seheindrucks. Punktförmige Lichtquellen werden länglich verzogen wahrgenommen, weshalb man auch von Stabsichtigkeit spricht. Das verzogene Sehen besteht für Ferne und Nähe. Hornhautverkrümmung kommen in Kombination mit Kurz- und Weitsichtigkeit vor.

Bei der Alterssichtigkeit (Presbyopie) gelingt das Scharfstellen (Zoomen) der Linse in der Nähe nicht mehr ausreichend. Ab dem 40. bis 45. Lebensjahr kann daher langsam immer schlechter für die Nähe scharf gesehen werden. Beim Lesen hält man daher automatisch alles weiter weg („die Arme werden zu kurz“).
 

Wie werden Fehlsichtigkeiten ermittelt?

Eine Messung mit dem Autorefraktometer

Verschlechtert sich die Sicht, sollte der erste Weg immer zu Augenärzt:in und Orthoptist:in führen. Hier wird besprochen, seit wann die Sehverschlechterung besteht, ob diese plötzlich oder schleichend aufgetreten ist und in welcher Entfernung sie bemerkt wird.

Eine rasche, orientierte Messung, ob eine Fehlsichtigkeit besteht, kann mit einem Gerät zur automatischen Ermittlung der Dioptrienwerte durchgeführt werden.

Orthoptistin führt eine subjektive Sehprobe durch

Bei der subjektiven Messmethode schauen Sie auf eine Sehprobentafel und geben an, welches vorgehaltene Korrekturglas subjektiv das Sehen bessert. Diese Einschätzung ist nicht immer leicht und gelingt Kindern bzw. bei bestimmten Sehstörungen nicht (ausreichend gut). In diesen Fällen wird auf eine objektive Messung, die Skiaskopie (Schattenprobe) zurückgegriffen. Diese Messung wird bei erweiterten Pupillen durchgeführt. Diese Untersuchung erlaubt es auch mit wenig Mitarbeit den tatsächlichen Bau des Auges zu vermessen und eine versteckte Fehlsichtigkeit zu erheben.


Wie werden Fehlsichtigkeiten korrigiert?

Kurz- und Weitsichtigkeit werden in der Regel mit Brillen oder Kontaktlinsen korrigiert.

Lassen Sie sich beraten, was für Ihren Befund in Frage kommt:

  • Um eine Kurzsichtigkeit auszugleichen, werden Zerstreuungslinsen verwendet (Konkave Linsen, Minusgläser). Diese verschieben das Bild nach hinten auf die Netzhaut. Bei höheren Kurzsichtigkeiten werden Kontaktlinsen für einen besseren Sehkomfort empfohlen. Bei zunehmender Kurzsichtigkeit im Kindesalter gibt es Behandlungsansätze um das Fortschreiten zu hemmen (fortschreitende Kurzsichtigkeit).
  • Zum Ausgleich einer Weitsichtigkeit werden Sammellinsen (Konvexe Linsen, Plusgläser) verwendet, um das Bild auf die Netzhaut „nach vorne zu schieben“ 
  • Die Hornhauverkrümmung kann mittels sogenannten Zylindergläsern oder torischen Kontaktlinsen ausgeglichen werden. 
  • Bei der Alterssichtigkeit werden wie bei der Weitsichtigkeit Sammellinsen als Lesebrillen oder Mehrstärkenbrillen individuell nach Alter und Sehbedürfnissen angepasst.

In manchen Fällen ist auch ein operativer Ausgleich (refraktive Chirurgie) möglich.
 

Unbehandelte Fehlsichtigkeiten können

  • bei Kindern zu ein- oder beidseitigen Schwachsichtigkeiten (Amblyopie) oder Schielen führen, 
  • bei Sehbelastung zu Kopfschmerzen oder Müdigkeit der Augen führen (Asthenopie). 

Umso wichtiger ist deshalb, dass die Fehlsichtigkeit frühestmöglich ermittelt und ausgeglichen wird.


Autorin

Doris Martius-Nusser, Orthoptistin

Quelle

  1. Lachenmayr, B., Friedburg, D. & Buser, A. (2016). Auge-Brille-Refraktion: Schober-Kurs: verstehen – lernen - anwenden (5. vollständig überarbeitete Edition). Stuttgart: Thieme.
  2. Kaufmann, H. & Steffen, H. (2012). Strabismus. Stuttgart: Thieme.